Kryptobörse BaFin weist Lizenzantrag ab: Für Binance zieht sich die Schlinge zu
Die größte Kryptobörse der Welt wollte auch in Deutschland durchstarten. Nun macht die Finanzaufsicht Binance einen Strich durch die Rechnung. Für die Handelsplattform ist das ein weiterer Rückschlag.
Für Jonas Jünger hätten die ersten Wochen im neuen Job besser laufen können. Anfang Juni erst heuerte er als neuer Deutschlandchef von Binance an, der weltweit größten Kryptobörse. Seine Aufgabe soll vor allem darin liegen, endlich die Lizenz bei der Finanzaufsicht BaFin durchzuprügeln. Seit August vergangenen Jahres versucht die Handelsplattform bereits, eine Genehmigung zu bekommen.
Ohne die Genehmigung darf Binance hierzulande nicht aktiv Geschäfte machen oder um Kunden werben. Die BaFin-Lizenz ist für den Expansionsdrang der Kryptobörse also essenziell. Jetzt aber steht fest: Daraus wird nichts, die BaFin hat den Antrag abgewiesen. Das berichtet das Onlineportal „Finance Forward“. Von Binance heißt es auf Anfrage, man setze „die Arbeit fort, um die Anforderungen der BaFin zu erfüllen“.
Für Binance kommt die Absage der deutschen Finanzaufseher zur Unzeit. Die Kryptobörse steht unter Druck, nachdem ihr die US-Börsenaufsicht SEC eine regulatorische Kampfansage gemacht hat. 13 Klagen hat sie vor wenigen Wochen gegen Binance und deren Gründer Changpeng Zhao eingereicht.
Das Unternehmen sei in einem „umfangreichen Netz aus Täuschung, Interessenkonflikten, mangelnder Offenlegung und kalkulierter Umgehung des Gesetzes verwickelt“, sagte der SEC-Vorsitzende Gary Gensler. Außerdem manipuliere die Börse ihre Umsätze.
Binance weist die Kritik zurück, spürt aber zunehmend die Auswirkungen der behördlichen Klagewelle. In der Folge haben einige hochrangige Manager dem Unternehmen den Rücken gekehrt, und auch die Expansionspläne fährt Binance wegen der anhaltenden Probleme zurück. In Österreich beispielsweise zog Binance den Lizenzantrag zurück.
Die BaFin äußert sich auf Anfrage nicht zu Entscheidungen bezüglich einzelner Unternehmen. Mit der Angelegenheit vertraute Personen bestätigen die Recherchen von „Finance Forward“ aber. Die Vermutung liegt nahe, dass die Klagewelle in den USA und Zweifel an gesetzeskonformer Geschäftsführung letztlich dafür ausschlaggebend waren, den Lizenzantrag in Deutschland abzuweisen.
Krypto-ABC: Die wichtigsten Begriffe verständlich erklärt
Der Fokus am Kryptomarkt liegt klar auf dem Bitcoin. Unter Altcoins versteht man Kryptowährungen, die nach der ältesten Digitalwährung erfunden wurden und eine Alternative zum Bitcoin darstellen. Beispiele dafür sind Ethereum, Cardano oder Solana.
Der Bitcoin ist nicht nur die dem Volumen nach größte, sondern auch die älteste Kryptowährung der Welt. Schon im Oktober 2008 skizzierte Satoshi Nakamoto, das Pseudonym des Bitcoin-Erfinders, in einem Whitepaper mit dem Titel „A Peer-to-Peer Electronic Cash System“, wie so eine virtuelle Währung aussehen könnte. Kurz darauf, im Januar 2009, wurden die ersten Bitcoin geschürft. Weil Nakamoto unter einem Pseudonym agierte, ist bis heute unklar, wer genau den Bitcoin ins Leben gerufen hat.
Transaktionen von Kryptowährungen werden auf der Blockchain dokumentiert. Die Blockchain ist eine öffentliche, dezentrale Datenbank. Die Informationen werden nicht auf einem einzelnen Server, sondern auf vielen tausenden Rechnern gespeichert. „Chain“ kommt aus dem Englischen und bedeutet „Kette“.
Jede Transaktion wird in einem Block gespeichert und an eine Kette der bereits vorhandenen Datensätze angehängt. Deshalb wird die Blockchain auch digitales Kassenbuch genannt. Die gespeicherten Daten können im Nachgang nicht mehr oder nur mit Zustimmung des Netzwerkes geändert werden. So soll ein fälschungssicheres Protokoll entstehen.
Ether ist hinter dem Bitcoin die zweitgrößte Kryptowährung und basiert auf der Ethereum-Blockchain. Im Vergleich zur Bitcoin-Blockchain gilt diese als moderner und leistungsfähiger und soll in Kürze auf das energiesparendere Proof-of-Stake-Verfahren umgestellt werden. Auch Smart Contracts können über Ethereum gehandelt werden. Beliebt ist die Kryptowährung auch, weil NFTs (non fungible Token) oft auf Ethereum basieren und deshalb mit Ether bezahlt werden.
Mining ist das Erzeugen (Schürfen) neuer Coins. Bei diesem Prozess stellen Miner im Fall des Bitcoin die Rechenleistung ihrer Computer zur Verfügung, um komplexe mathematische Aufgaben zu lösen. So werden Transaktionen verifiziert und auf der Blockchain gespeichert. Die Miner werden fürs Bereitstellen der Rechenleistung mit neu generierten Bitcoin belohnt.
Bei einigen anderen Kryptowährungen basiert das Mining dagegen nicht auf Rechenleistung, sondern auf den Anteilen der Netzwerk-Teilnehmer an der jeweiligen Kryptowährung (siehe Proof of Stake). In diesem Fall wird das Mining deshalb auch oft als Staking bezeichnet. Auch dafür bekommen Teilnehmer eine Prämie, also quasi eine Art Verzinsung für ihren Anteil.
Minten bezeichnet das Erstellen eines NFTs (non fungible Token). Mit dem „Prägen“ des Bildes ist in diesem Fall das Hochladen in die Blockchain gemeint.
Die Abkürzung NFT steht für non-fungible Token, also nicht austauschbare Wertmarken. NFTs sind virtuelle Güter, die über die Blockchain gehandelt werden. Oft sind es etwa digitale Bilder oder Sammelkarten. Jeder NFT ist einzigartig. Wer einen kauft, wird in der Blockchain als Eigentümer registriert und kann so beispielsweise ein Echtheitszertifikat für ein virtuelles Bild oder ein digitales Kunstwerk vorweisen.
Mit dem Proof-of-Work-Verfahren werden neue Münzen einiger Kryptowährungen wie dem Bitcoin geschaffen. Dafür stellen die Miner die Rechenleistung des Systems zur Verfügung, um komplexe Aufgaben zu lösen. Wer es zuerst schafft, die Aufgabe zu lösen, darf den Block an die Blockchain anhängen und erhält eine Belohnung in Form digitaler Münzen. Der Proof-of-Work-Ansatz gilt als besonders energieintensiv.
Einige Blockchains basieren auf dem Proof of Stake-Verfahren. Anders als bei Proof of Work werden dabei fürs Mining keine umfangreiche Hardware und große Mengen an Rechenleistung benötigt. Proof of Stake gilt daher als wesentlich energieschonender.
Statt dessen dürfen diejenigen Transaktionen und neue Coins freigeben, die einen besonders hohen Anteil an einer Kryptowährung halten. Sie werden dann Validatoren genannt. Der Prozess beruht auf einem Konsensmechanismus. Je höher der Preis, desto höher die Anzahl der Coins, um am Prozess teilzunehmen.
Smart Contracts sind virtuelle Verträge, die über die Blockchain getauscht werden. Diese treten unter bestimmten zuvor festgelegten Bedingungen selbstständig in Kraft. Insbesondere Banken und andere Finanzinstitute sehen in Smart Contracts einen großen Nutzen. Sie könnten zum Beispiel beim Börsenhandel Intermediäre – also zwischengeschaltete Stellen wie Wertpapierbroker– überflüssig machen.
Die Wallet ist eine Art digitale Geldbörse für Kryptowährungen. Sie ermöglicht es Nutzern, Kryptoguthaben zu kaufen und zu verschicken. Es gibt mehrere Arten von Wallets. Die Hardware-Wallet ist quasi ein USB-Stick, auf dem das Kryptovermögen und die Zugänge eines Nutzers gespeichert sind. Eine Paper-Wallet wird auf Papier ausgedruckt.
Dafür wird ein QR-Code generiert, den man einscannen muss, um Transaktionen zu tätigen. Eine Software-Wallet kommt ohne externe Geräte oder Papierausdrucke aus. Hier werden die Daten in einem Computerprogramm gespeichert. Nutzer dürfen ihre Zugangsdaten nicht vergessen: Sonst bliebe ihnen der Zugriff auf ihr Kryptovermögen verwehrt.
Dieses Krypto-ABC entstammt dem großen Krypto-1x1 der WirtschaftsWoche: Das vollständige Dossier finden Sie hier zum Download
Unternehmensstruktur von Binance gilt als undurchsichtig
Überraschend kommt die Absage allerdings nicht. Die WirtschaftsWoche hatte bereits im Februar berichtet, dass es in der Branche große Zweifel daran gibt, dass Binance jemals eine Verwahrlizenz für Kryptowerte wie Bitcoin erhält. Auch ehemalige Binance-Manager äußerten sich skeptisch: „Binance wird in Deutschland keine Lizenz bekommen – außer, die BaFin ist ne Pommesbude“, sagte ein Insider.
Die Unternehmensstruktur von Binance gilt seit jeher als undurchsichtig. Es ist sogar unklar, wo die Zentrale des Unternehmens ihren Sitz hat. Kritisiert wird auch, dass Binance viele Mitarbeiter in Form von Kryptowährungen bezahlt – und zwar mit Digitalwährungen, die das Unternehmen selbst quasi aus dem Nichts erschaffen kann.
Und anders als Konkurrent Coinbase, der an der Börse gelistet ist und daher Offenlegungspflichten unterliegt, ist Binance für Kunden eine Blackbox. Für Außenstehende ist die finanzielle Situation von Binance also nicht einschätzbar. Das kann zu einem Problem werden: Im Falle einer Firmenpleite können die Kundeneinlagen bei Kryptobörsen in die Insolvenzmasse fließen. Anleger könnten ihr Geld dann also verlieren.
Zumindest betriebswirtschaftlich schient es für Binance bislang nicht schlimm gewesen zu sein, keine Lizenz in Deutschland zu haben. Eigenen Angaben zufolge zählt die Kryptobörse zwei Millionen Kunden hierzulande. Strafen muss das Unternehmen dabei nicht befürchten, solange es keine deutschsprachige Internetpräsenz betreibt und nicht aktiv auf Kundenakquise geht.
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Author: Julie Gibbs
Last Updated: 1698016322
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